Isabelle Wyss
Sonnengruss und seine Wirkung analysiert
Aktualisiert: 15. Aug.

Der Sonnengruss ist gelegentlich kraftvoll dynamisch dann wieder entspannt und ruhig. Aus gesundheitlicher Sicht ist es interessant, den Sonnengruss zu analysieren. Wird der Sonnengruss dynamisch durchgeführt, ist der Uebergang von einer Position in die andere oft mit jedem Atemzug. Dieser Wechsel von Dehnung und Kräftigung ist sowohl körperlich wie auch geistig herausfordernd. Mit dieser Variante lehrt uns, von einer Stresssituation schnell zur Ruhe zu kommen. Zudem regt der Sonnengruss das Verdauungssystem an, fördert die Konzentrationsfähigkeit und unterstützt das Selbstvertrauen. Diese Eigenschaften, bilden ein gute Basis, um ein erfolgreiches und glückliches Leben führen zu können. Wie oft soll den geübt werden? "Kommt drauf an" - ist oft eine Antwort. Je nachdem, ob man den Sonnengruss erst gerade gelernt hat dann sind es vielleicht drei Runden und 2 x die Woche. Mit dem Fortschritt, der sich aus der regelmässiger Praxis ergibt, können es dann vielleicht 6, 12 oder mehr Runden sein, und dies sgar täglich. Um eine Ueberforderung zu verhindern, ist es besser, mit "kleine Schritte" anzufangen und dies dann langsam steigern.
Selbstdisziplin ist eine weitere positive Eigenschaft die durch das regelmässige Ueben dazukommt. Der Rhytmus, der durch diese Regelmässigkeit entsteht, stabilisiert und aktiviert innere Kräfte. Dies wiederum belohnt uns mit einem guten Gefühl, welches uns seinerseits motiviert, dran zu bleiben und weiter zu üben. Womit eine weitere positive Eingenschaft erreicht wird - nämlich jene der Selbstwirksamkeit.
Beim Sonnengruss geht es aber auch darum, die Körpersäfte in Schwung zu bringen, die Energie zum fliessen zu bringen und den gesamten Körper zu bewegen. Die Wirbelsäule wird in verschiedenen Richtungen gedehnt und gedreht und unsere Beine und Arme werden aktiv miteinbezogen.
Auch aus sportphysiologischer Sicht erfüllt der Sonnengruss die Bedingung eines gesunden Bewegungsblaufs. Eine Bewegung ist dann gesund, wenn sie folgende 2 Aspekte beinhaltet:
1. Angemessenheit
Dies ist immer dann der Fall, wenn die Uebung sich für dich gut anfühlt d.h. weder zu schwer noch zu einfach ist.
Sobald du eine gezielte Vorstellung der Bewegung hast, wie sie auszusehen hat, tendiert sie dazu, nicht angemessen zu sein.
Z.B. Wenn du den Sonnengruss zum ersten Mal übst, kann dieser bereits nach zwei Runden fordernd sein. Wenn jedoch der Wille da ist, nun bereits beim ersten Mal 12 Runden zu üben, dann ist dies zu viel, und somit nicht mehr angemessen. Der Wunsch weiterzukommen ist zwar gut, doch gilt es immer auch Rücksicht auf seine momentane Möglichkeiten zu nehmen, und dabei dankbar jeden weiteren Schritt wahrzunehmen.
2. Vielseitigkeit
…. ist dann gegeben, wenn unterschiedliche Körperstellungen eingenommen werden. Heute weiss man, dass ein aufrechter Sitz, wenn er den ganzen Tag gehalten wird, genauso schädlich ist, wie ein langgehaltener Runderücken. Mit anderen Worten: alle Positionen sind gut, solange man sich nicht nur für eine entscheidet. Der Sonnengruss mit seinen verschiedenen Asanas gewährleistet diese Vielseitigkeit.
Wer immer die selbe Sportart ausführt, tendiert einseitig zu üben. Es sind dies z.B. Tennis, Golf, Fahrradfahren, Jogging usw. Um die Vielseitigkeit zu gewährleisten, ist es wichtig, darauf zu achten, verschiedene Sportarten auszuüben, oder eben mit Yoga zu ergänzen.
Der Sonnengruss erfüllt die erwähnten Kriterien. Geht man noch etwas tiefer ins Detail, dann lässt sich diese VIELSEITIGKEIT weiter in 4 körperlichen Grundfertigkeiten aufteilen. Der Sonnengruss erfüllt sogar deren 6):
1. Kraft
Krafttraining ist gesundheitsfördernd und stärkt das Herz. Zudem hilft es gegen Depressionen, Uebergewicht, Haltungsschäden, hoher Blutdruck u.n.v.m. Der Sonnengruss mit seinen verschiedenen Uebergängen entspricht einem leichten Krafttraining (Arme hoch, Brett, tiefes Brett, Kobra, Hund…). Der gesundheitliche Effekt entsteht beim Beansspruchen der Grundfertigkeit, d.h. wenn die Muskeln beansprucht werden. Dies reicht um den Körper gesund und gestärkt zu halten.
2. Flexibilität / Beweglichkeit
Dies ist ebenfalls Bestandteil des Sonnengrusses, Vorbeuge, Rückbeuge, Twist, Seitlicher Winkel…. Nach dem Sonnengruss haben sehr viele Muskeln & Faszien eine Dehnung erfahren. Dadurch resultiert eine ganzheitliche Entspannung, die Verkrampfungen löst, den Blutdruck senkt und bei Depressionen hilft. Auch hier geht es nicht darum, in den Spagat zum kommen, sondern den Effekt der Dehnung zu erfahren.
Nebst der Dehnung und dem Krafttraining braucht es auch die Balance.
3. Ausdauer
Studien belegen, dass das Ueben des Sonnengrusses ähnliche Wirkung hat, wie das Ueben eines leichten Dauerlaufes. Er wirkt sich positiv auf das Herz-/ Kreislaufsystem aus, wirkt Krebspräventiv, da Ausdauertraining oxidativen Stress reduziert. Auch hier gilt der Aspekt „gesund“ nur dann gesund, wenn die obigen beiden Aspekte miteinbezogen sind. Nur Ausdauertraining kann den Körper und sein Immunsystem überfordern.
4. Koordination
Koordinationsübungen verändern die Verbindungen im Gehirn. Neue Nervenbahnen (Synapsen) werden gebildet, was wiederum gegen Depression hilft. Im Yoga werden oft Arme und Beine gleichzeitig bewegt, manchmal das recht Bein und der linke Arm. Wenn die Uebungen genügend oft gemacht werden, fällt es leicht zu folgen. Kommen neue / unbekannte Asanas hinzu, bei denen viel Konzentration erforderlich ist, um sie auszuführen, stellt dies erstmals eine Herausforderung dar. Wurde diese erfolgreich gemeistert, stellt sich ein Glücksgefühl ein und zugleich entstehen neue neuronale Verbindungen. Das Gehirn hat dazugelernt.
Bewegungen von vorne nach hinten, von oben nach unten, seitliche Bewegung - all dies fördert die Orientierung im Raum und die Körperwahrnehmung. Dies wiederum fördert sowohl Koordination als auch Konzentration.
5. Elastizität
… ist unabhängig von Kraft und Flexibilität. Ein ausgeleierter Gummi ist sehr dehnbar, ein starrer Gummi ist sehr stark. Elastizität ist das dazwischen. Es ist die Fähigkeit des Muskels, sich bei Bedarf auszudehnen, dann aber wieder in die Ursprugsposition zurückkehren. Also zu federn zwischen lang und kurz. Im Yoga wird diese Eigenschaft immer wieder gefordert. Dann z.B. wenn von der Berghaltung in den Lange gewechselt wird, von da in den Krieger, dann ins Brett, von der Kobra zum Hund und zurück zur Vorwärtsbeuge.
6. Entspannungsfertigkeit
Dies ist die Fertigkeit loszulassen. Auch dies wird mit dem Ueben des Sonnengruss gefördert. Denn im Anschluss an eine Yogasequenz (und sei es „nur“ der Sonnengruss - folgt idealerweise immer ein kurzes (oder auch gerne längeres) Savasana (Tiefenentspannung). Diese letzte Körperübung (Asana) sollte auf keinen Fall weggelassen werden. Sie ist vergleichbar mit dem Speichern einer Arbeit auf dem Computer. Alles was mit dem Sonnengruss in Bewegung gekommen ist, kann mittels Savasana losgelassen bzw. gefestigt werden. Du gibst deinem Körper und deinem Geist die Zeit, alle verbleibende körperliche wie auch geistig/mentale Verspannungen loszulassen bzw. zu verarbeiten. Zudem stellst du mit Savasana ein Gleichgewicht zwischen Aktivität (Sonnengruss) und Passivität (Savasana) her.$
(Nach Ronald Steiner - Ashtanga Yoga.info)
Gerne schliesse ich diesen Blog mit folgendem Zitat ab:
“Beim Yoga geht es nicht darum, auf dem Kopf zu stehen, sondern mit beiden Füssen fest auf dem Boden„.